Leitfaden Ausbaubeitrag

Die Gemeinde Kürten muss nach der Vorschrift des § 8 Kommunalabgabengesetz NRW (KAG NRW) für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung und Verbesserung von Straßen Straßenbaubeiträge erheben. Dabei kommt dem Wort „muss“ eine wichtige Bedeutung zu, weil die Gemeinde verpflichtet ist bei Vorliegen von entsprechenden Voraussetzungen Beiträge zu erheben, und es nicht in ihrem Belieben liegt, dies zu tun oder zu unterlassen.

Wie oben bereits erklärt, ist das Straßenbaubeitragsrecht Landesrecht, weshalb sich die nachfolgenden Erklärungen ausschließlich auf das Kommunalabgabengesetz des Landes Nordrhein-Westfalen und die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Münster (OVG Münster) beziehen, das in Klageverfahren letzte Rechtsprechungsinstanz ist.

Eine beitragsfähige Ausbaumaßnahme muss sich immer auf eindeutig abgrenzbare Straßenstrecken beziehen, die sich typischerweise örtlich durch einmündende Straßen oder Kreuzungen begrenzen lassen.

Daneben kann eine Beschränkung auf eine bestimmte Straßenstrecke aber auch aus rechtlichen Gründen möglich sein.

Im Unterschied zum oben erwähnten Erschließungsbeitrag ist es nicht erforderlich, dass sich die beitragsfähige Ausbaumaßnahme auf die gesamte Länge einer Straße bezieht.

 

Erneuerung / sog. „nachmalige“ Herstellung

Wenn eine Straße im Wesentlichen entsprechend ihrem ursprünglichen Ausbauzustand wiederhergestellt wird, spricht man von einer Erneuerung auch als nachmalige Herstellung bezeichnet. Diese kann die Straße in Gänze betreffen, Abschnitte der Straße umfassen, sich aber auch auf einzelne „Teileinrichtungen“ beziehen. Teileinrichtungen einer Straße sind die Fahrbahn, die Gehwege, die Straßenbeleuchtungsanlagen oder die Straßenentwässerungsanlagen.

Voraussetzung für die Beitragsfähigkeit einer Erneuerungsmaßnahme neben einer gleichwertigen Herstellung, dass die erneuerte Straße, die erneuerte Teileinrichtung oder der erneuerte Teil einer Teileinrichtung abgenutzt bzw. die übliche Nutzungsdauer abgelaufen ist. Sollten diese Voraussetzungen nicht vorliegen, kann es jedoch dennoch sein, dass eine Ausbaumaßnahme beitragsfähig ist, wenn es sich um eine Verbesserung (s.u.) der Anlage handelt.

 

Verbesserung

Eine Maßnahme der Verbesserung soll die verkehrstechnische Funktion der Straße im Rahmen ihres bisherigen Verkehrskonzepts fördern. Eine Straße kann im Trennprinzip, als Mischfläche oder als Fußgängerstraße konzipiert sein. Durch eine beitragsfähige Verbesserungsmaßnahme wird das bestehende Plankonzept nicht zwangsläufig verändert.

Daher liegt eine beitragspflichtige Verbesserung auch dann vor, wenn die Art der Straßenbefestigung vorteilhaft verändert wird, indem beispielsweise eine Kopfsteinpflasterdecke durch eine Asphaltbetondecke ersetzt wird oder der Straßenoberbau durch den erstmaligen Einbau einer Frostschutzschicht vor wiederkehrenden Beschädigungen durch Frosteinwirkung geschützt wird.

Straßenleuchten mit einer besseren Ausleuchtung stellen ebenso eine beitragsfähige Verbesserung dar, wie der Bau von zusätzlichen Straßeneinläufen (sog. Sinkkästen) zur besseren und schnelleren Ableitung des anfallenden Regenwassers oder überhaupt der erstmalige Bau einer Kanalisation zur Straßenentwässerung.

Die oben aufgeführten Maßnahmen sind nur Beispiele für beitragsfähige Verbesserungsmaßnahmen. Entscheidend für das Vorliegen einer beitragsfähigen Verbesserung ist, dass allein unter verkehrstechnischen Gesichtspunkten der Verkehr besser und sicherer abgewickelt werden kann.

 

sog. „nochmalige“ Herstellung

Von einer nochmaligen Herstellung spricht man, wenn eine Straße erheblich umgestaltet wird und sie ganz oder teilweise eine andere verkehrstechnische Zweckbestimmung erhält.

Auch beim Umbau einer Straße mit Fahrbahn und Gehwegen zu einer Fußgängerzone oder zu einem Verkehrsberuhigten Bereich handelt es sich um eine sog. nochmalige Herstellung. Dieser Fall ist in Kürten von ungeordneter Bedeutung.

Weil eine Straße nie ausschließlich von den Anliegern, sondern immer auch von anderen Nutzern in Anspruch genommen wird, trägt die Gemeinde einen Anteil der entstehenden Kosten einer Ausbaumaßnahme. Die Anteile richten sich dabei nach der Straßenkategorie in der die Straße einzuordnen ist. Es existieren die Kategorien Anliegerstraße, Haupterschließungsstraße und Hauptverkehrsstraße, bei denen der Gemeindeanteil – also der Anteil der Allgemeinheit – für die Kosten der Fahrbahn 70 % bei der Anliegerstraße, 50 % bei der Haupterschließungsstraße und 30 % bei der Hauptverkehrsstraße beträgt.

Die Zuordnung zu einer Straßenkategorie ist voll gerichtlich überprüfbar und erfolgt aufgrund höchstrichterlich anerkannter Merkmale der jeweiligen Straße.

Hierdurch und in Verbindung mit der Berücksichtigung der Art und des Maßes der Nutzung (s.u.) wird der unterschiedlichen Inanspruchnahme der jeweiligen Straße Rechnung getragen.

Die Beitragspflicht entsteht mit der Fertigstellung der Maßnahme (Abnahme der Arbeiten) und der Beitrag wird entsprechend in der Regel zeitnah erhoben. Weitere rechtliche Voraussetzungen, wie sie für die Erhebung eines Erschließungsbeitrags erforderlich sind, kennt das Straßenbaubeitragsrecht nicht.

Alle Eigentümer/innen von Grundstücken, die im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht durch die Ausbaumaßnahme einen wirtschaftlichen Vorteil haben, werden auch zu einem Straßenbaubeitrag herangezogen.

Der umlagefähige Aufwand wird auf alle Grundstücke verteilt, die von der abzurechnenden Straße erschlossen werden. Das sind regelmäßig alle Grundstücke, die unmittelbar an die Straße grenzen (Anliegergrundstücke). Dabei spielt es keine Rolle, ob das Grundstück tatsächlich auch über eine Zufahrt oder einen Zugang zu der abzurechnenden Straße verfügt. Alleine die Möglichkeit, die Straße in Anspruch nehmen zu können, reicht für ein "Erschlossensein" und damit für das Entstehen einer Beitragspflicht aus.

Neben den Anliegergrundstücken fallen auch die Hinterliegergrundstücke in den Kreis der erschlossenen Grundstücke, also Grundstücke, die entweder durch ein schmales, nicht selbständig nutzbares Grundstück von der Straße getrennt sind oder die hinter einem selbständig nutzbarem Baugrundstück liegen. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass alle Hinterliegergrundstücke, die über eine Zufahrt mit der Straße verbunden sind, auch als erschlossen anzusehen sind.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Münster gilt im Straßenbaubeitragsrecht nach § 8 Kommunalabgabengesetz NRW der sog.“wirtschaftliche Grundstücksbegriff“.

Grundstück in diesem Sinn ist, soweit von der möglichen Inanspruchnahme der Straße die bauliche oder gewerbliche Nutzung abhängt, jeder demselben Eigentümer / derselben Eigentümerin gehörende Teil der Grundfläche, der selbständig baulich oder gewerblich genutzt werden kann. Bezugspunkt für die Abgrenzung des Grundstücks ist also der wirtschaftliche Vorteil und nicht die Eintragung im Grundbuch, wobei aber das im Grundbuch eingetragene Buchgrundstück in jedem Fall der Ausgangspunkt für die Abgrenzung der wirtschaftlichen Einheit ist. Das kann dazu führen, dass ein Buchgrundstück mit anderen Buchgrundstücken zusammenzufassen ist oder dass ein Buchgrundstück in mehrere selbständige Einheiten aufzuteilen ist. Ein Buchgrundstück kann auch aus zwei Flurstücken bestehen.

Der Verteilungsmaßstab des umlagefähigen Aufwandes wird in der Straßenbaubeitragssatzung der Gemeinde festgelegt. In den meisten Straßenbaubeitragssatzungen der Städte und Gemeinden – so auch in Kürten – findet sich ein Verteilungsmaßstab, der sich aus Grundstücksfläche und Art und Maß der baulichen Nutzung zusammensetzt. Dieser Verteilungsmaßstab hat sich seit Jahrzehnten in der Praxis bewährt, ist höchstrichterlich anerkannt und gewährleistet eine annähernd gerechte Beitragsbelastung.

Die Beitragsbelastung eines Grundstücks soll sich an dem Grad der wahrscheinlichen Inanspruchnahme der Straße orientieren, also dem Verkehr der durch ein Grundstück dadurch erzeugt wird, dass Verkehr zu ihm hinfließt bzw. von ihm abfließt.

Die Rechtsprechung geht dabei davon aus, dass mit der Zunahme der baulichen oder sonstigen Nutzung auch der von einem Grundstück ausgehende bzw. erzeugte Verkehr steigt und daher ist es allgemein anerkannt und höchstrichterlich geklärt, dass die Beitragsbelastung eines Grundstücks in dem Maße steigt, je intensiver es baulich oder gewerblich genutzt werden kann oder tatsächlich genutzt wird.

Wenn die zu verteilenden Kosten also der „umlagefähige Aufwand“ bestimmt ist und der Kreis der Grundstücke festliegt, auf die die Kosten verteilt werden müssen, werden die erschlossenen Grundstücksflächen entsprechend ihrer Nutzung gewichtet. Dabei ist entscheidend, ob ein Grundstück in einem Gebiet liegt, für das ein Bebauungsplan die Art und das Maß der zulässigen Nutzung festsetzt, oder ob für ein Grundstück solche Festsetzungen nicht bestehen. Planfestsetzungen sind in diesem Zusammenhang insbes. die Geschossigkeit – also die Anzahl der zulässigen Geschosse – und ob eine gewerbliche Nutzung – Gewerbegebiet – zulässig ist. Dann wird die Grundstücksfläche mit einem Faktor vervielfältigt, der sich ausschließlich nach diesen Festsetzungen richtet und auf die tatsächliche Nutzung kommt es dabei nicht an. Bestehen dagegen solche Planfestsetzungen nicht, richtet sich der Faktor für die Vervielfältigung der Grundstücksfläche nach den tatsächlichen Verhältnissen.

 

Zur Erläuterung sollen folgende Beispiele dienen:

Grundstück A

Grundstücksfläche:                                                                  500 qm

Maß der Nutzung; 2 zulässige Vollgeschosse                             1,25

Art der Nutzung: Reines Wohngebiet                                      + 0,0

läche: 500 qm x 1,25 =                                                             625 qm

 

Grundstück B

Grundstücksfläche:                                                                  750 qm

Maß der Nutzung; 3 zul. Vollgeschosse                                      1,5

Art der Nutzung: Gewerbe / gewerblich                                   + 0,5

Berechnungsfläche: 750 qm x 2,0 =                                     1.500 qm

 

Grundstück C

Grundstücksfläche: 1.000 qm

Maß der Nutzung; 1 zulässiges Vollgeschoss                             1,00

Art der Nutzung: Allgemeines Wohngebiet                             + 0,0

Berechnungsfläche: 1.000 qm x 1,0 =                                  1.000 qm

Die Berechnungsfläche ist dabei die Fläche, mit der das Grundstück bei der Verteilung des umlagefähigen Aufwands berücksichtigt wird.

Hat eine Ausbaumaßnahme also bspw. umlagefähige Kosten von 400.000 € und beträgt die gesamte wie oben beschrieben ermittelte Berechnungsfläche 80.000 qm ergibt dies einen Beitragssatz von 5 €/qm und somit folgender Beitrag für die vorgenannten Grundstücke:

A:        5 €/qm x 625 qm =                                      3.125 €

B:        5 €/qm x 1.500 qm =                                   7.500 €

C:        5 €/qm x 1.000 qm =                                   5.000 €

 

Landesförderung der Straßenausbaubeiträge

Das Land NRW hat mit Runderlass vom 23.03.2020 in der „Förderrichtlinie Straßenausbaubeiträge“ eine hälftige Fördermöglichkeit des von den Beitragspflichtigen insgesamt zu zahlenden umlagefähigen Aufwandes beschlossen. Einzelheiten zur Förderung finden sich im Internet unter:

https://www.mhkbg.nrw/sites/default/files/media/document/file/FAQ_KAG.pdf

https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_detail_text?anw_nr=7&vd_id=18374

https://www.nrwbank.de/de/foerderlotse-produkte/Foerderrichtlinie-Strassenausbaubeitraege/16047/nrwbankproduktdetail.html

Die Eigentümer/innen oder Erbbauberechtigten zum Zeitpunkt des Erlasses des Beitragsbescheides haften gesamtschuldnerisch für den Straßenbaubeitrag. Die gesamtschuldnerische Haftung bedeutet, dass von jeder Person, die im Grundbuch als Eigentümer/in oder Erbbauberechtigte eines Grundstücks eingetragen ist, der volle auf das Grundstück entfallende Straßenbaubeitrag gefordert werden kann.

Privatrechtliche Regelungen bspw. im Kaufvertrag beim Verkauf eines Grundstückes spielen hierbei für den Erlass des Bescheides keine Rolle und sind nur zwischen den Vertragsparteien bindend. Nicht jedoch für die Gemeinde.

Der Straßenbaubeitrag wird für dieselbe Ausbaumaßnahme nur einmal erhoben. Die Einmaligkeit kennzeichnet das Wesen eines Beitrags im Sinne des Abgabenrechts.

Wenn eine Teileinrichtung aufgrund ihres Alters und ihrer Abnutzung erneuert werden muss oder wenn sie im Interesse einer besseren Benutzbarkeit verbessert wird, wird jedoch für die jeweilige Ausbaumaßnahme einen Straßenbaubeitrag erhoben. Bezogen auf einen längeren Zeitraum von mehreren Jahrzehnten kann daher für ein Grundstück mehrfach ein Straßenbaubeitrag erhoben werden.

Der Straßenbaubeitrag ist eine öffentlich-rechtliche Abgabe an die Gemeinde und wird von dieser durch einen öffentlich-rechtlichen Abgabenbescheid, den Beitragsbescheid erhoben. Der Bescheid ist keine Rechnung im kaufmännischen Sinn und der Beitragspflichtige hat weder eine Bauleistung in Auftrag gegeben noch wird mit dem Bescheid eine Bauleistung abgerechnet. Mit dem Bescheid wird - juristisch formuliert - ein in Geld bemessener Vorteil von einem beschränkten Personenkreis abgeschöpft, der gerade durch die abgerechnete Investitionsmaßnahme der Gemeinde einen vom Gesetz unterstellten wirtschaftlichen Vorteil (Erschließungsvorteil) hat.

Der Straßenbaubeitrag muss Bekanntgabe des Beitragsbescheides innerhalb eines Monats gezahlt werden.

Wenn der Beitrag nicht in einer Summe gezahlt werden kann, besteht die Möglichkeit der Stundung oder der Ratenzahlung. Die Möglichkeit einer Stundung richtet sich nach den Vorschriften des § 8a Abs. 6+7 Kommunalabgabengesetz NRW und dabei ist in der Regel mit einem jährlichen Zinssatz von 2 Prozent über dem Basiszinssatz, jedoch mindestens 1 Prozent zu verzinsen. Nur in Härtefällen können Beiträge ohne Festsetzung von Fälligkeiten gestundet werden.

Beachten Sie bitte: Ein Antrag auf Zahlungserleichterung muss zur Vermeidung der Säumnis vor Eintritt der Fälligkeit des Beitrages gestellt werden.

Wird der Straßenbaubeitrag nicht innerhalb der Zahlungsfrist gezahlt und liegt der Stadt kein Antrag auf Zahlungserleichterung vor, gerät der Beitragsschuldner oder die Beitragsschuldnerin automatisch in Verzug. Eine säumige Forderung wird von der Stadtkasse im automatisierten Verfahren angemahnt. Hierbei fallen Mahngebühren und Säumniszuschläge an.

Gegen den Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch bei der Gemeinde erhoben werden.

Wenn die Gemeinde nach Prüfung dem Widerspruch nicht oder nur teilweise abhilft, kann hiergegen Klage beim Verwaltungsgericht Köln erhoben werden. Genaueres hierzu kann der jeweiligen Rechtsbehelfsbelehrung auf dem Beitragsbescheid entnommen werden.

Wichtig ist, dass der Widerspruch und auch die Klage keine aufschiebende Wirkung haben und die Zahlungsfrist nicht hinausschieben. Der angeforderte Straßenbaubeitrag muss also auch dann innerhalb der Zahlungsfrist gezahlt werden, wenn Widerspruch oder Klage erhoben werden.

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs oder der Klage kann jedoch bei der Gemeinde beantragt werden und  ein solcher Antrag ist Voraussetzung für einen entsprechenden Antrag an das Verwaltungsgericht.